Eine Insolvenz ist kein unerwartetes Ereignis, sondern lediglich der Endpunkt einer schleichenden Entwicklung. Dabei kann sich der Leidensweg von einem erfolgreichen Unternehmen zu einem Krisenfall über eine Lange Zeit verlaufen. Die Unternehmenskrise durchläuft dabei sechs verschiedene Phasen.
Der Verlauf von Unternehmenskrisen verläuft durch 6 Phasen
Quelle: Hohberger, Praxishandbuch Sanierung im Mittelstand, Springer Verlag
Viele Menschen betrachten ein Unternehmen erst dann als Krisenfall, wenn die Liquidität nicht mehr ausreicht, das Tagesgeschäft zu finanzieren. Dabei ist die Liquiditätskrise nur noch die Endphase eines schleichenden Prozesses, der vermutlich bereits viele Jahre vorher begann. Unternehmenskrisen verlaufen durch sechs verschiedene Phasen, wobei sich die Krise von einer Potenziellen Krise, über eine Latente zu einer zunächst beherrschbaren und dann unbeherrschbaren Krise entwickelt.
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Stakeholderkrise
Kreative Köpfe bemerken früh, wenn ihnen in einem Unternehmen keine Perspektiven mehr geboten werden. Manche gehen lautstark und im offen Konflikt, manche gehen still. Aber immer dann, wenn intelligente, weitsichtige und visionäre Menschen ein Unternehmen verlassen, sollte die Geschäftsführung aufmerksam werden. Doch viel zu häufig wird eine Stakeholderkrise nicht als solche wahrgenommen. In den meisten Fällen sind die Beteiligten froh, einen Störenfried oder Unruhestifter loszuwerden und bewerten deren Kündigung als Differenz zwischen unterschiedlichen Charakteren.
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Strategiekrise
Eine Strategiekrise zu erkennen, ist für die meisten Krisenunternehmen quasi unmöglich. Wenn es faktisch keine Strategie gibt, kann eine fehlende Strategie auch nicht als Ursache einer Krise erkannt werden.
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Absatzkrise
Fehlt eine schlüssige Unternehmensstrategie können in den meisten Fällen auch die Produkt- und Absatzkrisen nicht erkannt werden. Diese internen Krisen entgehen der Aufmerksamkeit, weil zu diesem Zeitpunkt mit den bestehenden Produkten noch genügend Unternehmensgewinne erzielt werden und/oder der Wettbewerb nicht genügend analysiert wird. Ein eindrückliches Beispiel liefert die Automobilindustrie, die in den letzten Jahren Rekordgewinne einfahren konnten, und/oder deswegen die Entwicklung in Elektrofahrzeuge vernachlässigten.
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Ertragskrise
Ertragskrisen sind in den meisten Unternehmen an der Tagesordnung. Es gibt in jedem Unternehmen Phasen, in denen die Einnahmen mal kräftiger und dann auch wieder spärlicher fließen. Ertragskrisen werden erst dann als bedrohlich wahrgenommen, wenn sie chronisch werden. Wie die Ertragskrise gelöst wird, hängt dann von der Erkenntnis- und der Reaktionsfähigkeit des Managements ab.
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Liquiditätskrise
Die Liquiditätskrise ist das akute, letzte Stadium vor einer möglichen Insolvenz. Häufig wird in diesem Stadium, durch zusätzliche Geldaufnahmen oder andere Maßnahmen, jedoch nur das Symptom, aber nicht die Ursache der Krise bekämpft. Die tatsächliche Unternehmenskrise wird weiterhin verschleppt und wird, oftmals nur durch Symptom- anstatt Ursachenbekämpfung, weiterhin verschleppt.
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Insolvenzgefahr
Die Phase kurz vor einer Insolvenz ist eine dramatische Zeit. Das Ende des Unternehmens erscheint unausweichlich. Soll das Unternehmen nicht völlig vom Markt verschwinden, sind harte Einschnitte erforderlich. Nun müssen alle die Entscheidungen nachgeholt werden, die über so lange Zeit verschleppt wurden. Fehlende Strategien, fehlende Produkte, fehlende Kunden und letztendlich fehlendes Geld führen dazu, dass die meisten Unternehmen in diesem Stadium aufgeben und ihre Geschäftstätigkeit einstellen.
Quelle und unsere Empfehlung:
Praxishandbuch Sanierung im Mittelstand
Hohberger, Stefan; Damlachi, Hellmut M.
Springer Gabler
Wiesbaden 2014
978–3‑658–02062‑0