Vom Push zum Peak 017: Zu viel Arbeit, zu wenig Mitarbeiter, zu wenig Umsatz, keine Zeit. Volker Schieber hat Schwierigkeiten, seine Umsatzziele für die Firma Niegel & Nagelneu zu erreichen. Umso mehr hilft es ihm, seinen Freund Tim Cortinovis zu treffen, der ihm auf unterhaltsame Art und Weise in der Pizzeria Cosi von Tutte die Vorzüge des digitalen Vertriebs erklärt.
„Mensch Tim, toll, dass das mit dem Treffen geklappt hat!“ Volker Schieber steht mit Tim Cortinovis — Experte für Digitalisierung im Vertrieb — vor der Pizzeria Cosi van Tutte und begrüßt ihn herzlich. „Ja, ich finde es auch super,“ nickt der charismatische Tim. „Ich war gerade auf der Durchreise und hab mir einfach gedacht, ich sollte mal wieder nach dir sehen, ob der Senkel bei dir noch geradesteht. “ Er grinst, als Volker ihn in die Seite knufft. „Wir haben uns ewig nicht mehr gesehen…“, sagt der Vertriebschef der Firma Niegel und Nagelneu. „Ich glaube es war auf der Hannover Messe vor drei Jahren, damals hast du mir zum ersten mal erzählt, dass man Vertriebsprozesse automatisieren kann“, erinnert sich Schieber. „Ja, und du hast mir erklärt, dass das totaler Quatsch sei,“ antwortet ihm Tim lachend.
Volker Schieber öffnet die Tür zur Pizzeria: „Komm rein, hier gibt es wirklich gutes Essen“. „Und das mit dem Quatsch nehme ich übrigens zurück“, sagt er zähneknirschend. Tim guckt ihn belustigt an, dabei legt er den Kopf etwas schief, sagt aber nichts. „Hallo Schieber“, begrüßt Luigi, der Wirt, die beiden. „Euer Tisch ist da vorne am Fenster, ganz wie gewünscht.“ Schieber nickt mit dem Kopf und die beiden Vertriebsprofis setzen sich an den für sie vorbereiteten Tisch.
Ich brauche deine Hilfe
„Also was ist jetzt mit dem Quatsch?“, hakt Tim Cortinovis noch mal nach. „Ich brauche deine Hilfe“, sagt Schieber. „Also, wenn du mir erklärst, wie das mit dieser Marketingautomatisierung funktioniert, dann übernehme ich auch die Rechnung für deine Pizza,“ sagt er. Inzwischen hat Luigi die Platte mit dem hausgemachten „Antipasti Misti“ mit Balsamico-Honig-Dressing auf den Tisch gestellt. „Wollen die Herren eine Flasche Wein?“, fragt der Kellner charmant. Doch die Vertriebsprofis lehnen ab. „Dies hier ist ein Arbeitsessen!“, stellt Tim fest. Und Volker grinst den Wirt an: „Du weißt doch, dass ich Alkohol während der Arbeitszeit bei unserer Buchhalterin Doris nicht abrechnen kann.“ Der Wirt zuckt mit den Schultern und sagt: „Also dann Agua con Gas,“ und geht mit großen Schritten zurück in die Küche.
Tim füllt sich den Teller mit der Vorspeise. „Die Antipasti sehen hervorragend aus“, sagt er. „Also wie kann ich Dir weiterhelfen?“ Volker antwortet: „Weißt du, ich schaffe hier die ganze Arbeit kaum noch. Zwei Leute sind krank, eine Kollegin ist im Mutterschutz. Du weißt ja wie das ist. Und dann sind einfach zu wenig Leute da, die sich um den Vertrieb kümmern… „
Vielleicht entgeht dir der eine oder andere dicke Deal?
Tim legt die Gabel weg und wischt sich den Mund mit der Serviette ab. „Ja, das kann ich mir sehr gut vorstellen, dass bei Euch viel liegenbleibt. Vielleicht entgeht Dir sogar der eine oder andere dicke Deal? Hast du Schwierigkeiten, deine Umsatzzahlen zu erreichen? Dies ist tatsächlich eine blöde Situation, aber da lässt sich mittlerweile einiges machen“. Volker Schieber nickt zustimmend mit dem Kopf, und zeichnet mit der Gabel einen Kreis auf seinen Teller. Es entsteht ein Augenblick der Stille. Dann bricht es aus ihm hervor: „Also ganz konkret, wie ist das jetzt eigentlich mit dem digitalisierten Vertrieb? Ist das nicht total unpersönlich? Kann man wirklich automatisiert verkaufen?“ Man merkt ihm direkt an, dass dieser Ausbruch ihn total viel Überwindung gekostet hat. Jahrelang war er stolz auf sein Verkaufstalent gewesen, und jetzt muss er sich eingestehen, dass er eine Entwicklung nicht mitbekommen hat, die ihm gegenüber seinem Wettbewerb ins Hintertreffen bringt.
Ja, Ich will mehr Marketing Praxis Tipps!
Wenn ein Einkaufsbot mit dem Verkaufsbot „redet“…
Tim lacht ihn an: „Ja, tatsächlich. Wenn ein Einkaufsbot mit dem Verkaufsbot „redet“, dann ist der Verkauf wohl tatsächlich unpersönlich. Aber soweit sind wir noch nicht ganz“. Er wird wieder ernst. „Aber wenn Du ein wenig umdenkst und übersetzt, kommst Du in der Tat dahin, dass wir heute automatisiert verkaufen können. Denk doch mal nach und wirf einen kurzen Blick darauf, was Vertrieb eigentlich ist“.
Er schiebt seinen Teller ein Stück beiseite und legt die Gabel vor sich auf den Tisch. „Du hast zunächst ein Angebot, ein Produkt oder eine Dienstleistung“ und zeigt auf die Gabel. Er legt die frische Serviette daneben und sagt: „Dann gibt es dafür eine Zielgruppe, für die Dein Angebot einen Mehrwert bietet“. Er nimmt die Serviette und faltet sie in drei Spalten. „Du identifizierst innerhalb dieser Zielgruppe die Personen, die tatsächlich kaufen können und wollen“, und tippt auf die mittlere Spalte. „Dann präsentierst Du denen Dein Angebot und baust Vertrauen auf“. Dazu legt er ein Stücken Brot auf die mittlere Spalte der Serviette. „Wir nennen diese Personen Leads. Zum Schluss wird ein Teil der Leads unterschreiben und kaufen“. Tim Cortinovis legt nun die Gabel ebenfalls auf die Serviette. „Ganz grob gesprochen sind das die Teilschritte, die in jedem Verkauf begangen werden. Mit der heutigen Internettechnologie kann jeder dieser Teilschritte auch digital abgebildet werden. Das klingt zunächst erstaunlich, funktioniert aber“.
Kann man Offline-Produkte wirklich online verkaufen?
Volker Schieber hatte ihm interessiert zugehört. Er fragt: „Geht das denn für alle Produkte? Für E‑Books und Musik kann ich mir das ja vorstellen, aber kann man auch Offline-Produkte wirklich online verkaufen?“ Und er runzelt kritisch die Stirn. Tim steckt sich das Brotstück in den Mund und antwortet mit vollem Mund: „Allerdings. Alles. Todo. Everything”. Er schluckt das Stück Brot mit einem Schluck Wasser herunter und fährt fort: „Vom Bleistift über Maschinen und Industrieanlagen bis hin zu komplexen Beratungsleistungen. Heute lässt sich alles über das Internet verkaufen.“
Doch Schieber bleibt kritisch: „Wir bei Niegel & Nagelneu haben doch überhaupt keine Consumer-Produkte. Wir haben nur Business-Kunden, also B2B-Vertrieb. Wer will denn Blechstanzteile im Internet kaufen, ohne dass er das Unternehmen persönlich kennengelernt hat?“
Gerade im B2B-Bereich sehe ich riesiges Potenzial
Derweil hat Luigi die Pizzen gebracht. Pizza à la Casa mit frischen Champignons und Rucola. Volker greift zur Pfeffermühle und gibt seiner Pizza deutlich mehr Schärfe. Tim beobachtet ihn und sagt dann: „Gerade im B2B-Bereich sehe ich riesiges Potenzial. Der Vertrieb von B2C-Produkten ist ja schon sehr weit in den digitalen Raum verlagert. Natürlich gebe ich zu, dass es bei erklärungsbedürftigen Dienstleistungen noch eines sehr großen Aufwands bedarf, den digital abzubilden. Und vielleicht kann ich auch nicht die gesamte Prozesskette automatisch ablaufen lassen. Ich kann es aber versuchen“. Und er greift ebenfalls zum Besteck. Gleich darauf lässt er die Gabel aber wieder sinken. Mit dem Messer zieht er einen Strich über die Pizza und zielt dabei auf eine Pilzscheibe. „Treiber des Erfolgs hier ist die Genauigkeit, mit der ich die Fragen meiner Zielgruppe während des Kaufprozesses bestimmen kann“.
Wichtig ist, dass ich genau die Sprache meiner Zielgruppe treffe
Er schneidet bis zum Pilz. Dann beginnt er von der gegenüberliegenden Seite auf den Pilz zuzuschneiden. „Wichtig ist aber auch die Qualität der Produktbeschreibungen, das heißt der Daten, die ich meinen Kontakten zur Verfügung stelle, sowie die Formulierungen in den Ansprachen, die meine Kontakte durch E‑Mails oder sonstige Nachrichten erhalten“. Er sticht die Gabel in das abgetrennte Pizzastück und hält sich dieses vor den Mund. „Und schließlich erwarten Kunden heute auch, dass ich als Partner einen leichten digitalen Zugang zu meinem Angebot biete. Sie lernen im privaten Umfeld durch Amazon oder ähnliche Händler, dass sie jederzeit Preistransparenz haben können, fast alles immer sofort erhalten oder wissen, wann und ob“. Er öffnet den Mund und schiebt sich den Bissen in den Mund.
Am Ende stehen die Kontaktdaten der Interessenten
Schieber hatte ihn genau bei der Erklärung zugehört und fragt dann interessiert nach. „Wie funktioniert eigentlich automatisierter Vertrieb? Wie kann ich mir das vorstellen?“ Tim macht sich dran, das nächste Stück seiner Pizza zu zerschneiden. „Du hast zwei Bereiche, die Du dafür brauchst“, zur Erklärung tippt er auf die Gabel. „Zum einen hast du den großen Bereich der Lead-Generierung. Das heißt dann auch manchmal Leadmanagement und wird zu einem Teil vom Online-Marketing abgebildet. Da stehen am Ende Kontaktdaten von Interessenten“. Er nimmt einen Schluck Wasser und führt dann fort. „Diese bearbeitest Du weiter durch ein E‑Mail-Marketing-System mit möglichst passend formulierten und personalisierten Nachrichten. Je mehr Interessenten mit Deinen Nachrichten interagieren, desto mehr Punkte erhalten sie. Nur wer hier herausragt wird dann von Dir persönlich angesprochen. Oder gleich weitergeleitet in den zweiten großen Bereich“. Dazu tippt er auf das Messer. „Dies hier ist die Online-Plattform, in der Dein Angebot mit genauen Produktdaten hinterlegt ist und auf der jeder gleich kaufen kann. Das kann ein eigener B2B-Webshop sein, oder auch eine externe große Plattform. Derzeit gibt es etwa 1.500 Handelsplattformen für Industriegüter. Hier müsstet Ihr einfach mal schauen, welche davon für Euch relevant ist. Und dort findet dann auch der eigentliche Kaufprozess statt“.
Was kann ich jetzt konkret tun?
Schieber verschränkt die Arme vor der Brust. Offensichtlich muss er erst einmal verarbeiten, was er da erklärt bekommen hat. Dann fragt er den Digitalisierungsexperten: „Und was kann ich jetzt konkret tun?“
Tim schenkt seinem Freund das Wasserglas noch einmal voll und antwortet geduldig: „Wenn Du in das Thema einsteigst ist es wichtig, nicht alles auf einmal einführen zu wollen“. Ganz bewusst füllt er das Glas bis über den Eichstrich und es scheint so, als wolle er das Glas zum Überlaufen bringen wollen. Schieber greift entrüstet ein und drückt mit der Hand die Flasche weg. Tim lacht. „Siehst du, die Komplexität eines solchen Projektes ist enorm, gerade wenn Ihr im Vertrieb derzeit schmal aufgestellt sein. Aber einiges habt Ihr doch auch schon. Soweit ich weiß, ist Euer CRM auf dem aktuellen Stand und auch das ERP-System enthält valide Daten. Schau Dich nach einem Marketing-Automatisierungs-Tool um, dass zu Euren Anforderungen passt“.
Digitalisierung ist absolute Notwendigkeit
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„Aber lass dich nicht verunsichern. Es gibt wirklich gewaltige Anwendungen, die eindeutig zu groß für Euer Unternehmen sind. Wichtig sind nur zwei Punkte: Erstens, dass Vertrieb, Marketing und IT Hand in Hand arbeiten und zweitens, dass das Ganze auch noch mit der neuen Datenschutzgrundverordnung einwandfrei kompatibel ist. Auf jeden Fall bekommt Ihr, wenn Ihr so startet, relativ bald frische Leads ins Haus. Und dass erleichtert Eure Vertriebstätigkeit schon einmal enorm.“
Volker Schieber ruft nach Luigi und ordert zwei Café Crema. Danach wendet er sich wieder seinem Gesprächspartner zu. „Glaubst du wirklich, dass diese Vertriebsdigitalisierung zukunftsfähig ist? Oder ist das nicht auch wieder nur so ein Marketing-Gag wie Twitter oder diese unsäglichen QR-Codes auf Plakatwänden?“ „Nee mein Lieber, so leicht kommst du hier nicht raus“, sagt Cortinovis und droht seinem Gesprächspartner mit dem Zeigefinger. „Deine Kunden sind schon lange im Internet unterwegs und erwarten den Komfort einer automatisierten Bestellung, auch Eure B2B-Kunden! Also nein, das ist keine Mode, sondern absolute Notwendigkeit“.
Mit welchen Argumenten überzeugt man seinen Chef?
Nachdem der duftende Café Crema geleert und die Bäuche voll sind winkt der Vertriebschef von Niegel und Nagelneu Luigi nach der Rechnung. „Eine Frage habe ich aber noch“, stoppt Schieber seinen Kollegen, als dieser sich gerade erheben will um sein Jacket wieder anzuziehen. Tim nickt ihm aufmunternd mit dem Kopf zu, während Schieber die Kreditkarte aus seinem Portemonnaie zieht. „Mit welchen Argumenten überzeuge ich jetzt meinen Chef, dass die Investition in Marketing Automation wirklich sinnvoll ist?“
„Das Hauptargument ist“, antwortet Tim „dass Ihr mit dem gleichen Team sehr viel mehr erreichen könnt. Ihr müsst Euch nicht mehr darauf konzentrieren, einzelne Produkte zu verkaufen und am Telefon Einzelheiten abzustimmen, sondern gewinnt Zeit, die Ihr in hochqualitative Kundenkommunikation stecken könnt. Auf diese Weise könnt Ihr mit Euren Kunden über größere Deals reden oder mehr neue Kunden gewinnen. Euer Hebel wird so sehr viel größer“.
Danke Mann, Du hast mir geholfen
Die beiden Freunde verlassen das Restaurant, nachdem Luigi den beiden noch einen Grappa spendiert hatte. „Der ist ohne Rechnung an Doris“, hat er gegrinst. Da konnte Schieber kein Gegenargument mehr aufführen.
Schieber begleitet Tim bis zum Auto. „Danke Mann, du hast mir schon viel geholfen. Jetzt aber doch noch eine letzte Frage. Bei dir auf der Webseite steht, man braucht ein anderes Mindset. Was genau meinst du denn damit? Was ist neu?“
Tim sucht in seiner Jackentasche nach dem Autoschlüssel und öffnet den Kofferraum „Neu ist genau diese Entwicklung. Ich muss als Vertriebler nicht mehr ein einzelnes Produkt, die einzelne Dienstleistung verkaufen. Das kann automatisch gehen.“ Er zieht sich die Jacke aus und legt sie hinein.
Zeit für ein neues Mindset
„Neu ist: Ich bin dafür zuständig, Unternehmen davon zu überzeugen, bei uns auf der Plattform zu kaufen. Meine Umsatzverantwortung steigt also“. Er schließt die Kofferraumklappe und geht zur Fahrertür. „Dafür muss ich aber vom Kunden auch sehr viel ernster und als ernsthafter Gesprächspartner und Experte über die Lieferantenbeziehungen wahrgenommen werden. Ich brauche ein eindeutig größeres Standing als Experte“. Er zieht die Wagentür zu und will gerade losfahren. Volker Schieber legt zwei Finger an seine Mütze und grüßt den „Schiebergruß“, wie er ihn nennt. Doch dann lässt Tim noch einmal das Fenster herunter und sagt: „Und, auch das ist neu: Digitaler Vertrieb ist ja vor allem ein datengetriebener Vertrieb. Ich muss wissen, welche Daten es über meinen Markt und meine Kunden gibt, und diese dann auch gezielt im Vertriebsprozess einsetzen“.
„Danke Dir, ich wünsche Dir eine gute Fahrt“, sagt Schieber und tritt einen Schritt zurück. „Kein Problem“, antwortet Tim Cortinovis. „Wenn Du weitere konkrete Fragen hast, ruf mich gerne an“.
Bild: Pickit
Tim Cortinovis
Tim Cortinovis ist Vortragsredner und Autor zur Digitalisierung des Vertriebs. Geboren 1972 bei Hamburg. Studium Spanisch und Germanistik in Hamburg, Málaga und Havanna. Seit dem Studium mehr als achtzehn Jahre Verantwortung in internationalem Vertrieb und Marketing. Und von Anfang an mit der Frage beschäftigt, wie digitale Systeme das Leben im Vertrieb einfacher machen können. Er ist derzeit einer der gefragtesten Speaker, wenn es um Digital Sales im Bereich B2B geht. In der Produktion sind deutsche Unternehmen in der Digitalisierung schon sehr weit. Jetzt geht es darum, die Kernbereiche Vertrieb und Marketing mit digitalen Mitteln richtig zu beschleunigen.