Vom Push zum Peak 003: Dr. Oberhaupt steht unter Druck. Er hat immer noch keine Idee, mit welchem Geschenk er in diesem Jahr seine Kunden zu Weihnachten beglücken könnte. Auf der Fahrt ins Büro kommt ihm eine gute Idee.
Schon wieder Montag. Nur noch 19 Tage bis Weihnachten. Carl Ernst Oberhaupt sitzt in seinem Auto und quält sich durch den Frühverkehr. Auch nach vielen Jahren Autofahrt nervt es ihn gewaltig, dass eine Minimenge Schnee ausreicht, um auf der Autobahn Verkehrschaos auszulösen. Die 13 Kilometer Weg von seinem Haus bis zur Firma dauern heute mehr als 45 Minuten. Oberhaupt dreht das Radio an. Eine aufdringlich gut gelaunte Moderatorin begrüßt ihn mit der Erinnerung, dass schon der vierte Dezember sei, und dass übermorgen Nikolaus ist man morgen Abend die Schuhe rausstellen muss und dass es doch sooo schön ist, wenn überall die Kerzen brennen und es so wunderbar nach gebrannten Mandeln und Zimt duftet.
Muss man überhaupt etwas schenken?
Oberhaupt findet diesen Gedanken überhaupt nicht schön. Er ist ein Weihnachtsmuffel und es nervt ihn, dass sie in seiner Firma immer noch keine Entscheidung gefunden haben, was sie ihren Kunden zu Weihnachten schenken sollen. “Müssen wir ihnen überhaupt etwas schenken?” fragt er sich, “die Kunden finden das doch sicher genauso blöd wie ich. Ob die überhaupt ein Geschenk vermissen würden?” Im Radio läuft wieder einmal “Last Christmas”. Gedankenverloren summt der Firmenchef mit. “…this year, to safe me from tears, I give it to someone special…”
Achtung! Er tritt energisch auf die Bremse. Im letzten Moment gelingt es ihm mit klopfendem Herzen, den Wagen zum Stehen zu bringen. Rings um ihn herum leuchten hunderte von roten Lampen auf, die Autokolonne kommt abrupt zum Stehen. “Heute wollen wir einmal die Frage stellen, was Sie an Weihnachten nicht mögen, und was man alternativ tun kann, um diese Situation zu vermeiden”, sprudelt Sandra aus dem Radio: “Am Telefon begrüße ich Torsten”. “Hallo Torsten, was gefällt dir nicht an Weihnachten?” plaudert die Radiostimme auf Oberhaupt ein. ” Guten Morgen”, sagt Torsten aus dem Radio. “Also ich finde es total blöde, wenn man sich verpflichtet fühlt irgendwas Teures zu kaufen, nur weil man im letzten Jahr auch etwas Teures geschenkt bekommen hat. Und dann muss man irgendwas kaufen, obwohl man die Person überhaupt nicht mag.” “Ja Torsten”, flötet Sandra verständnisvoll, “das ist wirklich ein ernstes Problem, mal sehen was Britta dazu sagt?” Es klickt im Radio und mit etwas Hintergrundrauschen grüßt Britta aus Salzuflen.”
Ehrlichkeit kann auch ein Geschenk sein
“Hallo Britta, guten Morgen! Was empfiehlst du Torsten, damit er in diesem Jahr keine teuren Geschenke kaufen muss, die dann sowieso bei Ebay landen?” fragt Sandra. Britta antwortet ohne zu zögern, “Na, das ist doch einfach. Dreh´ den Spieß einfach um, und lass die Person von sich aus aktiv werden. Wenn die Person ein Geschenk haben will, dann soll sie sich bei dir melden, und wenn sie sich nicht meldet, dann könnt ihr diesen blöden Kreislauf durchbrechen. Am Ende fühlst du dich nicht mehr verpflichtet, und die andere Person auch nicht mehr. Ehrlichkeit kann auch ein Geschenk sein.” Sandra plaudert weiter. “Hallo Torsten, wie findest du Brittas Vorschlag?” Der Angesprochene antwortet etwas schwerfällig, dass er sich das noch nicht so richtig vorstellen kann und fragt, was er jetzt genau tun soll. Und Britta erklärt ihm, dass er ja beispielsweise einen selbstgeschriebenen Gutschein für einen gemeinsamen Konzertbesuch verschenken könnte. Wenn die Person zusagt, kann man tatsächlich zusammen ausgehen. Aber wenn Sie die Einladung in der Schublade verstauben lässt, dann würden auch keine weiteren Kosten entstehen. “Britta, das ist ja wirklich eine ganz tolle Idee”, sprudelt Sandra. “Vielen Dank Euch beiden, und weiter geht es mit Driving home for Christmas!”
Psychologische Reaktanz
Oberhaupt dreht das Radio aus und fährt auf den Firmenparkplatz. In seinem Kopf arbeitet es immer noch. Die Idee, dass niemand von seinen Kunden automatisch ein Geschenk erhält, nur weil er als Geschäftsführer der Firma Niegel & Nagelneu sich verpflichtet fühlt, ihnen etwas zu schenken, findet er immer besser. Heute wird er seinen Mitarbeitern vorschlagen, die teure Geschenkaktion abzublasen und stattdessen alle Kunden zu einer großen Weihnachtsfeier mit Tombola einzuladen. Da wird man dann ja sehen, wer kommt und wer nicht kommt, wer auf einen Kontakt zur Firma Wert legt und wer nicht. Und mit einem Mal ist er sich sicher, dass dies genau der richtige Weg ist. Schließlich sollen sich seine Kunden durch die Geschenkaktion nicht gedrängt fühlen, sondern ihr Engagement und ihre Gefühle wecken.
Keine Chance, mit uns ins Gespräch zu kommen
Oberhaupt erinnert sich an seinen alten Verkaufstrainer Axel Bänsch, der ihm schon vor 25 Jahren die alte Verkäuferweisheit eintrichterte: „Reden ist Silber, zeigen ist Gold!“. Mit diesem Spruch wollte Bänsch ihm den Begriff “Psychologische Reaktanz” erklären. Man darf seine Kunden nicht in eine Kaufhandlung hineindrängen, (Bänsch nannte das damals Hochdruckverkauf, heute heißt es Push), weil sie entsprechend der Reaktanztheorie versuchen werden, sich dem Verkaufsgespräch zu entziehen, um ihre Handlungsfreiheit wiederzugewinnen. „Wir sollten unsere Kunden mehr zu Wort kommen lassen“, beendet Oberhaupt seinen Gedankengang. „Wahrscheinlich haben wir genau deshalb so wenig Kontakt zu unseren Kunden, weil wir ihnen keine Chance lassen, mit uns ins Gespräch zu kommen“.
Er steigt aus dem Auto, greift nach seiner Aktentasche und geht summend über den Hof zum Haupteingang. “All I want for Christmas is you…”
Vom Push zum Peak 003
Liebes Marketing-Team!
Die Glossen sind echt einmal was Neues! Gute Idee! Wann wird denn die nächste Glosse veröffentlicht? Bin schon ganz gespannt wie der Oberhaupt das jetzt alles organisierte…
Weiterhin viel Erfolg!
Hallo Herr Füll,
wir freuen uns über diesen lieben Kommentar. Die Kapitel erscheinen jeweils Montag und Donnerstag.
Na, seinen Sie sich sicher, der Dr. Oberhaupt wird sich schon was tolles einfallen lassen 😉
LG Nora aus dem Digisteps-Team